Es gibt einen Sumpf, nahe genug an der Kölner Bucht, um durch das gleiche Wasser beseelt zu sein, wie der große Rhein. Jedoch fehlt ihm seine verführerische Weltgewandtheit, diese Sicherheit des Kosmopolit… doch was ihm an Weite, an ungestümer Reiselust fehlt, ersetzt er durch eine unauslotbare Tiefe und stille Beständigkeit. Man wartete vergeblich darauf, in ihm das Licht der Metropolen gespiegelt zu sehen, verzerrt, doch immer noch lebendig und schön. Er gab nur das fahle Licht des Mondes, das tote Licht der Sterne wieder. Es drang tief in ihn ein und verlor sich Nacht für Nacht in seiner dunklen Seele, ohne den Grund je zu berühren.
Nein, er bereiste nie die Welt, sein Wasser stand geradezu still, wie eine Verweigerung von Zeit und Wandel. Nichts zog lange Kreise in ihm. Verschwiegenheit war seine Tugend. Er ruhte still in sich selbst, einer abgeschottete Welt aus Vergangenheit, die für niemanden greifbar wurde.
Vielleicht wählte ich deshalb diesen Ort. Von dem Moment an, als ich zum ersten Mal sein kaltes Wasser mit meinen Fingern berührte, wusste ich, dass es meinen Durst stillen würde. Es war früher Nachmittag gewesen, still und regungslos lag er da und verschluckte stumm den Stein mit der Schnur, mit dem ich testete, ob er auch tief genug sei. Er ist unergründlich!
Ich legte mich ins Gras und hörte das Land mit den Bäumen flüstern, während ich wartete. Es war so friedlich, ich war zufrieden, im reinen mit meiner Umwelt. Die Wolkendecke war so dicht, dass ich dem Verlauf der Sonne kaum folgen konnte. Manchmal konnte man sie ausmachen, eine schwache, klare Scheibe, nicht viel heller, als der Mond. Über allem lag ein diffuses Hell, ohne Ambitionen.
Dann kam endlich die Nacht und mit ihr die Dunkelheit. Jemand hat einmal gesagt, egal wie schnell das Licht auch reist, sie war immer schon da. In ihr wachsen Babys, fürchten sich Kinder, lieben sich Erwachsene und liegen die Toten. Jeder, der es wagt und sich nicht in Menschenmassen und Krach zu betäuben sucht, kann in ihrer Stille und Verschwiegenheit Geborgenheit finden. Für mich sollte diese Nacht kein Ende haben. Ob ich meine Augen schloss, oder mit klarem Blick auf diese Welt von ihr verschwand, war unerheblich, denn sie war schwarz und still, was ich auch tat. Diese Nacht wischte die Grenze beiseite, als sei sie nur ein flüchtiger Traum, in Vergessenheit geraten, noch bevor man aus ihm ganz erwachte. Im Verborgenen brach ich die Spielregeln des Lebens und ließ mich in eine undurchdringliche Dunkelheit fallen. Trank reine, statte Ewigkeit, bis nichts mehr zu wünschen blieb. Als der Sumpf mich umfing, mich in seine Arme nahm und sachte hielt, da wusste ich, ich konnte ihm vertrauen. Er würde mein Geheimnis hüten. Er würde mich nie verraten und auch nicht preisgeben. Es war, als würde ich endlich nach Hause kommen.
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